Pro Audio White Papers

Die Verwendung von Kompressoren zur Steigerung der Lautheit
Autor: Gerd Jüngling - Copyright: Alle Rechte vorbehalten
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Lautheit ist ein Begriff der in den letzten Jahren in immer größerem Masse die Pro Audio Szene beschäftigt. Mehr Lautheit bedeutet, dass sich die eigenen Produktionen von den Produkten der Konkurrenz absetzen, dass das eine Werbejingle gehört wird und das andere nicht, und dass die eine Produktion ein Hit wird, weil Sie einfach so laut ist, dass sie alle anderen an die Wand drückt. Leider ist die Realität nicht ganz so einfach.

Mit der Lautheit ist es so ähnlich wie mit einer bestimmten überlegenen Waffe. Solange man nur selber diese Waffe hat, ist man auf der Gewinnerseite. Haben aber alle das gleiche Ding, geht es nicht mehr um die Überlegenheit durch den Besitz allein. Entscheidend wird dann wer die beste Version hat und noch viel mehr, wer am besten damit umgehen kann. Und genau da sind wir heute mit den Bemühungen für mehr Lautheit angekommen.

Es gibt eine Unzahl von Geräten, basierend auf analoger oder digitaler Technik und Software Plug-Ins, die zu diesem Zweck entwickelt wurden und, wie man täglich in allen Medien hören kann, auch permanent und penetrant eingesetzt werden. Die in den meisten Fällen erzielten Ergebnisse sind auch laut, aber mehr auch nicht. Beim überwiegenden Teil der 'Lautmacher' bleibt jede Musikalität auf der Strecke und selbst der kleinste Ansatz von Ästhetik wird schlicht und ergreifend plattgeregelt. An der Spitze der nach oben offenen Penetranz- und Penlichkeitsskala stehen hier analoge und digitale Multiband Gerätschaften der unteren Preis-Qualitätsskala, wie sie in vielen Lokalradiosendern fest im Sendeweg installiert sind. Die hier angerichteten Zerstörungen motivieren mich selbst beim Autofahren nicht mehr überhaupt noch Radio zu hören. Bereits die paar Töne die nach dem Verkehrshinweis noch durchkommen, bevor die erholsame Automatik des Autoradios die Lautstärke heruntergeregelt hat, lassen einem die Nackenhaare hochstehen.

Für mich sieht es so aus, als wären wir mit der Steigerung der Lautheit in einer Sackgasse gelandet. Eine Restdynamik von 1 dB, durch Multibandkompressoren gleichmäßig über das gesamte Frequenzband verteilt, hat uns so weit von der Idee Musik als Genuß, zur Abwechselung, Entspannung oder als künstlerisches Erlebnis zu geniessen entfernt, dass man durch Musik in vielen Fällen ähnlich genervt wird, wie durch die übrigen widrigen Umstände des Lebens, auf deren Aufzuzählung ich hier bewußt verzichte.

Aber muss das denn alles so sein? Gibt es denn wirklich keine Möglichkeit sich mit ausreichender Lautheit durchzusetzen ohne alle ehernen Regeln der Musik, der Kunst und der Tontechnik ad absurdum zu führen? Ich denke man kann diese Frage eindeutig mit ja beantworten. Es gibt viele Beispiele hervorragend aufgenommener, gemischter und gemasterter Produktionen, die laut, schön, musikalisch und ästhetisch zugleich sind, wenngleich Sie auch meist hinter Klingeltönen und zusammengehuddelten tonalen Abscheulichkeiten ein Schattendasein fristen. Versuchen wir doch einmal einen Weg zu finden, wie man die unvermeidliche Lautheit auf eine Art und Weise erzeugen kann, dass der Rest nicht auf der Strecke bleibt.

Jede Art der Steigerung von Lautheit erfordert zwangsläufig eine Kompression. Ohne Kompression klingt jede Aufnahme so, als hätte jemand halt etwas aufgenommen indem er irgendwo ein Mikrofon hingestellt und eine Aufnahmetaste gedrückt hat. Mit exakt diesem Verfahren sind wir aber ganz nah am Original, woraus zwangsläüfig folgt, dass das akustische, musikalische Original gar nicht laut ist. Hier kommt es zu einem ähnlichen Effekt wie bei der Photografie. Dinge die in Natura völlig normal aussehen bekommen, wenn man sie photographiert, plötzlich einen völlig anderen Charakter. Ein exaktes Abbild des Originals auf einem Photo empfinden wir nicht als 'natürlich'. Kleine Störungen, Staubkörnchen, winzige Unregelmäßigkeiten, die in der Realität gar nicht erkannt werden, werden auf dem Photo plötzlich zu extrem störenden Fehlern, die nicht akzeptabel sind. Hören wir Musik im Original, ohne Verstärker, hergestellt von Menschen die auf altertümlichen Vorrichtungen zur Erzeugung von Tönen unter Einsatz von Fingerfertigkeit (Geige), körperlicher Kraft (Bassgeige, Pauke) und / oder Lungenkapazität (Trompete, Tuba oder Schlimmeres) herumarbeiten, so empfinden wir dieses Klangerlebnis als normal und laut. Dies ändert sich aber sofort in oben beschriebener Weise, wenn wir diese Musik aufnehmen. Sofort klingt es viel flacher als das akustische Original und für uns entsteht der Eindruck, es mangele an Lautheit. Natürlich ist dies darauf zurückzuführen, das durch die ständige Berieselung mit rein künstlich hergestellter und künstlich lautgemachter Musik unser Gefühl für die Originaliät im Laufe der Zeit einfach verloren gegangen ist. Das Original erscheint uns nicht mehr als das was es ist und wir empfinden das Künstliche bereits als Original. Natürlich ist es nicht möglich diesen Sachverhalt zu ändern.

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