Pro Audio White Papers

Das Noise Gate
Autor: Gerd Jüngling - Copyright: Alle Rechte vorbehalten
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Auf den ersten Blick ist ein Noise-Gate ein ziemlich dummes Gerät, ähnlich einem Schalter, das nichts weiter tut als ein Audiosignal immer dann abzuschalten, wenn die Eingangsspannung einen eingestellten Schwellwert unterschreitet. Bei näherem Hinsehen ist aber kaum ein Gerät der analogen Audiotechnik in vielerlei Hinsicht so kritisch wie geraden eben das Noise Gate. Dieser Text will einige der mit dem Noise Gate verbundenen Probleme erläutern und vielleicht dem Leser die eine oder andere Idee geben, wofür ein Noise-Gate außer für die Schlagzeugaufnahme sonst noch sinnvoll und nutzbringend eingesetzt werden kann.

Für Anwendungen eines Noise Gate zur Störunterdrückung, z. B. bei Funkgeräten sind die Anforderungen gering. Hier werden weder an die Übertragungsqualität noch an die Einschaltzeit oder den Ausblendvorgang nennenswerte Anforderungen gestellt. Benutzt ein Toningenieur ein solches Noise-Gate, wird allerdings sein Gesichtsausdruck beim ersten Test nicht gerade positiv sein. Bei Anwendungen im Bereich der Pro Audio Technik muss ein Noise-Gate eine mit einer ganzen Reihe von Problemen fertig werden, die in der oben genannten Anwendung gar keine Rolle spielen. Neben Selbstverständlichkeiten wie gerader Frequenzgang, geringstes Rauschen und hohe Übersteuerungssicherheit spielt die Einschwingzeit eine besonders große Rolle. Ein zu langsames Noise Gate ist schlicht und ergreifend für professionellen Einsatz nicht brauchbar. Statt ein Transienten-reiches Audiosignal hart und schnell einzuschalten, sodass der Klangcharakter erhalten bleibt, blendet ein solches langsames Gate das Signal an und verfälscht damit den originalen Einschwingvorgang.

Da das menschliche Gehör Klänge in erster Linie über die Zusammensetzung der Harmonischen im Einschwingvorgang identifiziert, können schon geringe Veränderungen sehr große Auswirkungen haben. Gerade perkussive Instrumente zeichnen sich durch schnelle und charakteristische Einschwingvorgänge aus. Dies sind aber genau die Instrumente, die für den Einsatz eines Noise-Gates prädestiniert sind.

Durch das große Übersprechen zwischen den einzelnen Mikrofonen eines 'Natur-Schlagzeugs', kommt man um den Einsatz von Noise-Gates kaum herum. Benutzt man keine Gates, wird bereits etwas Hall auf der Snare das gesamte Drum-Kit verhallt klingen lasse, da das Übersprechen von Kick-Drum und Hihat in der Größenordnung von 10 dB liegt. Gerade Instrumente wie Kick-Drum und Snare erweisen sich aber in der Praxis als ungemein sensibel gegen Noise Gate mit zu langsamen Einschwingzeiten. Eine Kick-Drum hat zwar eine Grundfrequenz, die je nach Größe des Instruments zwischen etwa 60 und 100 Hz liegt, besitzt jedoch ein sehr obertonreiches Spektrum, dass den eigentlichen Klang bestimmt. Versuche mit der Attackzeit von Noise-Gates ergaben, dass bereits eine Attackzeit von mehr als 30 µsec zu einer deutlich hörbaren Veränderung des Klangs führt.

Auf der anderen Seite führen so kurze Attackzeiten natürlich zu einer sehr steilen Einblendflanke, die dann, wenn das Noise-Gate mitten in ein Signal hineinblenden muss zwangläufig zu Veränderungen im Schwingungsverlauf führen. Solche Veränderungen beim Ein- und Ausblenden empfinden wir gehörmäßig als Knackstörungen. Hierbei handelt es sich um ein rein hörphysiologisches Phänomen, dass auch dann auftritt, wenn keinerlei elektrische Knackstörungen existieren. Das gleiche Problem tritt beim Muten von Signalen auf. Das harte Abschalten eine stehenden Basstons führt immer zu hörbaren Knackstörungen, wenn die Mute-Schaltung nicht so ausgeführt ist, dass der Abschaltvorgang in Wirklichkeit eine Blende ist, die so schnell ausgeführt wird, dass sie wie eine Abschaltung wirkt. Für eine Optimierung auf minimale Knackstörungen ist ferner ein angepaßter Verlauf der Blende notwendig.

Hinsichtlich der Attackzeit eines Noise-Gate muß aus diesen Gründen eine Einstellmöglichkeit vorhanden sein, die den Bereich von weniger als 30 µsec bis in den zweistelligen Millisekunden überstreicht.

 


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