Alles hat eine Grenze, so auch diese Linearität. Wenn wir den Pegel immer kleiner werden lassen, wird natürlich auch der Ausgangspegel immer kleiner. Irgendwann bleibt am Ausgang nur noch Rauschen übrig; der Ausgangspegel ist so klein geworden, dass er vom Rauschen der Black-Box verdeckt wird. Hier ist also die untere Grenze der Linearität. Erhöhen wir nun den Eingangspegel immer weiter, so folgt der Ausgangspegel zunächst wieder dem Eingangspegel. Ab einem bestimmten Punkt endet die Linearität; der Ausgangpegel wird verzerrt und eine weitere Erhöhung des Pegels findet nicht statt. Wir haben die Grenze der 'Aussteuerbarkeit' erreicht. Dies ist demnach die obere Grenze des linearen Bereichs.
Ein Verstärkungsregler kann das Verhältnis zwischen Eingangs- und Ausgangspegel verändern, nicht jedoch die Linearität und ebenfalls nicht den linearen Bereich.
Was mit dem Verstärkungsregler per Hand möglich ist, wird vom Kompressor automatisch gemacht. Per Definition kann man also den Kompressor als ein Gerät zur automatischen Regelung der Verstärkung bzw. Dämpfung betrachten.
An dieser Stelle tauchen mehrere Fragen auf, die für das Verständnis der Funktionsweise wichtig sind. Zunächst stellt sich die Frage nach dem warum. Hierfür gibt es drei Gründe.
Der lineare Bereich der unterschiedlichen Geräte ist nicht gleich. Bei einer Zusammenschaltung verschiedener Geräte bildet immer das Gerät mit der kleinsten Aussteuerbarkeit das schwächste Glied in der Kette. Wenn eine Übersteuerung auftritt, so ist sie hier am wahrscheinlichsten. In einer realen Situation lässt sich der Pegel, der z. B. von einem Mikrofon kommt aber nicht in einem bestimmten begrenzten Bereich halten. Laute Geräusche, ein Schrei und vieles mehr können dazu führen, dass der Pegel plötzlich und schnell auf einen Wert ansteigt, der zu einer Übersteuerung führt. Dieser Pegelanstieg erfolgt in aller Regel so schnell, dass ein manuelles Eingreifen nicht rechtzeitig möglich ist. Wünschenswert wäre ein Apparat, der in einem solchen Fall automatisch den maximalen Pegel auf ungefährliche Werte für das gegen hohe Pegel empfindliche Gerät begrenzt.
In einer Aufnahmesituation oder einer Sendung mit einem vielen Signalquellen und Mikrofonen ist es für den Toningenieur praktisch unmöglich, alle Ereignisse gleichzeitig mit der nötigen Geschwindigkeit unter Kontrolle zu halten. Gerade in Verbindung mit Mikrofonen treten immer unvorhersehbare, große Pegelunterschiede auf, die durch eine Anpassung der Verstärkung abgefangen werden müssen, selbst wenn sie nicht wie im ersten Beispiel zu Übersteuerungen führen. Um dieses Problem zu lösen, wäre eine Apparatur wünschenswert, der diese Pegelschwankungen automatisch kompensiert und für einen weitgehend konstanten Pegel der Signalquellen sorgt.
Tonsignale mit geringer Dichte, wie z. B. eine Stimme, erscheinen uns nicht laut. In einer Mischung verschiedener Signale sind solche Signale immer zu leise und werden leicht von dichteren Signalen verdeckt. Die geringe Dichte entsteht meist dadurch, dass es in der Struktur solcher Signale einen lauten, aber kurzen Einschwingvorgang gibt, nach dem das Signal ‘zusammenbricht'. Man kann also nicht durch eine Erhöhung des Pegels allein solche Signale passend in eine Mischung einbetten, da dann der Einschwingvorgang zu laut wäre und die Verdeckungseffekte trotzdem den statischen Ton und den Abklang wieder zu leise erscheinen lassen. Zur Lösung dieses Problems ist eine Apparatur wünschenswert, die in der Lage ist die Hüllkurve solcher Signale so zu verändern, dass der laute Einschwingvorgang und der statische Ton in einem besseren Verhältnis zueinander stehen; also die Lautheit des Signals erhöht wird.
Wir lassen zunächst einmal außer acht, dass diese drei Probleme zwar alle durch eine automatische Verstärkungsregelung gelöst werden können, aber grundsätzlich unterschiedliche Verhaltensweisen im Detail erfordern. Dies ist für das Verständnis der Grundprinzipien nicht erforderlich sondern führt nur zu einer unnötigen Verkomplizierung.