Grenzen der digitalen Audiotechnik Autor: Gerd Jüngling - Copyright:
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erschienen als Artikel im 'Studio Magazin' unter Mitarbeit von Dieter Kahlen
Zwangsläufig findet dabei jedoch in beiden Ebenen eine inhaltliche Vereinfachung
des Signals statt, da niemals alle Nuancen des Schwingungsverlaufs erfasst werden
können. Standard-Systeme werden heute meist mit der Abtastrate 48 kHz betrieben,
gehobene mit 96 kHz. 192 kHz ist zwar existent, wird aber bisher noch nicht großflächig
genutzt. Hinsichtlich der für die Amplitudenauflösung zuständigen
Wortbreite hat sich ein Standardwert von 24 Bit etabliert. Höhere Auflösungen
auf der Wandlerseite sind aus physikalischen Gründen nicht sinnvoll, da
die real erzielbare Betriebsdynamik aufgrund unterschiedlichster Störeinflüsse
auf rund 120 dB limitiert ist. Es macht also keinen Sinn, bei der Wandlung noch
mehr Bits zu verwenden, weil man dadurch keinen nennenswerten Vorteil mehr erzielen
könnte. Bei der nachfolgenden digitalen Signalverarbeitung gelten diesbezüglich
andere Kriterien als bei der Wandlung selbst - dazu später noch mehr. Anti-Aliasing-Filter
und andere Verfahren, die erforderlich sind, um solche Wandler in der bekannten
Art und Weise nutzen zu können, sollen an dieser Stelle bewußt außen
vor bleiben. Vergleicht man analoge und digitale Aufzeichnungsverfahren, so stellt
man fest, dass beide prinzipiell unterschiedliche Fehler verursachen. Nach den
heute für die Digitaltechnik üblichen Bewertungsmaßstäben
erreichen analoge Aufnahmesysteme einen Dynamikbereich maximal etwa 75 dB; hochwertige
Digitalsysteme erzielen dagegen erheblich höhere Werte, die bei sorgfältiger
Auslegung und Vermeidung zusätzlicher Fehler 100 dB deutlich überschreiten
können. In dieser Hinsicht haben wir also mit der Digitaltechnik weniger
Probleme als mit der Analogtechnik, wo zur Erhöhung der Betriebsdynamik
seinerzeit aufwändige Rauschminderungs systeme entwickelt werden mussten.
Bei der Gegenüberstellung analoger und digitaler Audiotechnik fällt
auf, dass sich die heute im Digitalbereich üblichen Messverfahren auch nach
mehr als 20 Jahren digitaler Audiotechnik noch immer auf die typischen Fehler
der Analogtechnik beziehen. Die angegebenen Messwerte gehen nicht auf Fehler
des digitalen Verarbeitungsverfahren ein - sie wurden ursprünglich entwickelt,
um die Fehler der Analogtechnik aufzudecken. Völlig gegensätzlich verhalten
sich analoge und digitale Systeme beispielsweise bei der Messung des Klirrfaktors.
Bei einem Analogsystem kann er für kleine Pegel praktisch vernachlässigt
werden und steigt ab einem bestimmten Pegel nahe der maximalen Aussteuerung sehr
stark an. Im Falle einer Magnetbandaufzeichnung geht der Klirr dann über
einen Bereich von vielleicht 6 dB relativ weich in einen nicht mehr tolerierbaren
Verzerrungswert über. Bei der Digitaltechnik ist die Situation umgekehrt:
Bei kleinen Pegeln haben wir hier hohe Klirrfaktoren, die mit höheren Pegeln
kleiner werden; sobald der Wertebereich des Digitalsystems jedoch um ein Bit überschritten
wird, kommt es zu einem sehr abrupten Übergang in den Übersteuerungsbereich
mit extrem starkem Klirr. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der endlichen
Abtastrate der Digitaltechnik - auf der Analogseite in etwa vergleichbar mit
der Spaltbreite des Tonkopfes, die die höchste übertragbare Frequenz
festlegt. Allerdings haben beide Limitierungen völlig unterschiedliche Konsequenzen
hinsichtlich der daraus entstehenden Fehler.