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Die Einstellung der Rücklaufzeit von Kompressoren und Begrenzern
Autor: Gerd Jüngling - Copyright: Alle Rechte vorbehalten
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Liegt der Pegel 10 dB über Threshold und waren die früheren Pegel unter Threshold, so dass sich der Regelverstärker 'in Ruhe' befindet und nehmen wir ferner den Thresholdpegel mit 1 V an, so ist der Effektivwert der Schwingung 10 dB höher, was einem Faktor von 3.16 entspricht. Bei einem Effektivwert von 3.16 V beträgt der Scheitelwert 4.456 V; der Scheitelwert des Thresholdpegel ist 1.41 Volt. Dieser Augenblickswert wird bei knapp 20 ° Phasenwinkel erreicht, was bei 20 kHz einer Zeit von ca. 2.8 µsec entspricht. Für diese Zeit ist der Augenblickswert der Schwingung noch unterhalb Threshold und kann demzufolge auch keine Regelung bewirken. Mit einer Attackzeit von 20 µsec setzt die Regelung jedoch bereits innerhalb der ersten Halbwelle der Schwingung ein. Der Scheitelwert bei 90° wird nach 12.5 µsec erreicht; die Regelung wird also die erste Halbwelle nicht mehr vollständig 'erwischen', aber die zweite Halbwelle vollständig ausregeln. Für einen analogen Limiter ohne Zeitverzögerung ist dieser Wert auch in kritischen Anwendungen in Ordnung.

Für einen Kompressor gilt die Regel der Optimierung auf sehr kurze Attackzeiten nicht. Die Anwendung des Kompressors ist eine andere; er soll nicht Spitzen ausregeln, sondern durch Verdichtung die Lautheit erhöhen und Pegelunterschiede ausgleichen. Eine kurze Attackzeit im Bereich einiger 10 µsec führt zwar zu einer Regelung, aber hat zur Konsequenz, dass der gesamte Einschwingvorgang, durch den das menschliche Ohr Klangereignisse erkennt, komplett weggeregelt wird. Die Natürlichkeit bleibt auf Strecke, sie wird gleich mit ausgeregelt.

Damit hängen dann die klanglichen Auswirkungen der Kompression nur noch von der Releasezeit ab, die aber, wie wir später sehen werden, auf einen Kompromiss hinauslaufend festgelegt ist. Betrachtet man die Attackzeit allein aus klanglicher Sicht, so stellt man fest, das sich bei einer Veränderung über einen sehr großen Bereich der Charakter der Kompression extrem stark verändert; vorausgesetzt, dass eine hinreichend kurze Releasezeit eine schnelle Aufregelung zuläßt und das Threshold und Ratio auf Werte eingestellt sind, die einen ausreichenden Regelhub möglich machen. Der klanglich interessante Bereich liegt zwischen etwa 1 ms und etwas mehr als 10 ms. Höhere Werte in diesem Bereich bewirken, dass der Kompressor auf Signaländerung zögerlich reagiert und Transienten ungeregelt passieren läßt. Die bewirkt ein natürlicheres Verhalten, dessen Gesamtcharakter aber von der Releasezeit und dem Regelhub abhängig ist. Bei noch längeren Attackzeiten wird die Regelung immer geringer. Bevor der Kompressor überhaupt reagiert hat sich das Audiosignal bereits stark verändert. Abhängig vom der Signalstruktur findet oberhalb einer Attackzeit von 20 bis 30 ms überhaupt keine sinnvolle Regelung im Sinne einer Kompression mehr statt. Hier kommt es dann zu Effekten ähnlich einem Leveller, der längerfristige, langsame Pegelveränderungen ausgleichen soll.

Welche Attackzeit optimal ist hängt vom Programm und der Zielsetzung der Kompression ab. Letztendlich wird man im Bereich von 1 ms bis etwas mehr als 10 ms 'landen', wobei die kurzen Zeiten eine 'härtere' Kompression bewirken während die längeren Zeit natürlicher und weicher klingen. Hier gilt die Regel, probieren geht über studieren.

 

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